Zum einen ist da der Sicherheitsaspekt. Doch da mein Pferd Candida und ich die „wilden Zeiten“ hinter uns haben und wir uns mittlerweile sehr gut kennen, hatte ich persönlich diesbezüglich weniger Bedenken. Ich weiss, dass ich ihr vertrauen kann und auf ihrem Rücken bin ich definitiv sicherer als im Strassenverkehr. Auf fremde Pferde habe ich mich allerdings nicht mehr gesessen.
Viel mehr geht es mir jedoch um Candidas Gesundheit!
Meine Kugel wuchs und wuchs. Gleichzeitig hatte mein Allerwertester an Umfang zugelegt. Mein Rücken hat entsprechend die Form eines imposanten S angenommen. Setzen wir uns mit einem (massiven) Hohlkreuz aufs Pferd, zwingen wir leider auch das Pferd ins Hohlkreuz.
Automatisch verlagerte ich das Gewicht meines Oberkörpers leicht nach vorne, um mich auszubalancieren und ich sass so vermehrt auf dem Schambein. Meine Lendenwirbel wurden zusammengestaucht, meine Hüften und Beine fest und undurchlässig. Entsprechend konnte Candidas Schub aus der Hinterhand unmöglich bis nach vorne durchgehen. Sie war gezwungen vermehrt Last auf die Vorhand aufzunehmen und hatte keine Chance ihre Oberlinie zu aktivieren. Nicht gerade das, was eine Pferdetherapeutin empfehlen würde.
Deshalb habe ich bereits nach ein paar Monaten entschieden, sie während meiner Schwangerschaft nicht mehr aktiv zu reiten.
Diesen Part übernahm dann meine Reitbeteiligung. Die Boden- und Handarbeit sowie ausgedehnte Spaziergänge genoss ich mit Candida nämlich genau so sehr.
Doch in Candida steckt eine Lastenträgerin. Sie zeigt ganz deutlich, dass sie es als ihre Aufgabe sieht, mich zu tragen… typisch ehemaliges Touristenpferd. Kaum sitze ich auf, spitzt sie ihre Ohren, schaltet einen Gang höher, wirkt stolz und top motiviert.
Als ich sie um den 7. Schwangerschaftsmonat herum aus dem Stall holte, hatte ich tatsächlich dieses eine Gefühl:
Candida will mich wieder einmal tragen.
Ich sattelte sie. Nach 20 Minuten aufwärmen, stieg ich auf einen Holzstamm am Wegrand. Candida parkierte neben mir ein, um mich abzuholen. Das Aufsteigen fühlte sich wackelig an. Sie stand ruhig wie ein Fels in der Brandung und wartete geduldig, bis ich sicher „angekommen“ bin.
15 Minuten hat sie mich und meinen Babybauch durch den Wald getragen. Mit zügigen und trittsicheren Schritten. Die Abendsonne strahlte zwischen den Bäumen hindurch. Sie schien mir meinen ausbalancierten Sitz zu verzeihen. Ich habe mich direkt noch mehr verliebt in dieses wunderbare Pferd.
Dann sieg ich ab, um den restlichen Weg mit ihr nach Hause zu spazieren. Ich sah dieses altbekannte Funkeln in ihren Augen und bedankte mich ganz herzlich bei ihr für diesen wundervollen Ausflug.
Das Leben ist bunt und genau so ist auch der Umgang mit uns anvertrauten Geschöpfen.
Für mich gibt es kein reines Schwarz-Weiss und so versuche ich täglich abzuschätzen, was heute das Beste für mein Pferd ist.
Weil sie es liebt, habe ich mich bis in den 8. Monat sporadisch für ein paar Minuten auf Candida gesessen. Nicht als Training wohlverstanden, sondern einfach für unsere Beziehung. Irgendwann war mein Bauch jedoch so gross, dass es wirklich nicht mehr bequem war.
Candida, du gute Seele, ich freue mich darauf, in nicht allzu ferner Zukunft wieder auf deinem Rücken durch die Wälder zu ziehen.
In Liebe, Bettina
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